"Ich bin halt eine 'self-made woman'"

Von Laura TomassiniLex Kleren

Jennifer Santiago ist alleinerziehende Mutter, professionelle Bauchtänzerin, Fallschirmspringerin, unterrichtet Yoga, fährt Boot und Motorrad, spricht acht Sprachen und genießt aktuell ihre frische Liebe. Die Tausendsassa ist immer offen für neue Erfahrungen, denn ausgelernt hat Frau nie.

"Frag lieber nicht, wie viele Stunden mein Tag hat!" Mit einem unverkennbaren Lächeln sitzt Jennifer Santiago im Caftan Restaurant in der Hauptstadt und erzählt von ihren unzähligen Facetten und Hobbys, als seien diese das Normalste auf der Welt. "Ich sehe mich nicht wie ein Adrenalin-Junkie oder eine enorm sinnliche Person. Ich bin einfach ich – eine Frau, die ihr Leben genießt", verkündet die 39-Jährige. Yoga, Skydiving, Motorradfahren, Reisen, Bachata, Poledance – die Liste der Aktivitäten, die Jennifer jede Woche ausübt, scheint schier unendlich. Wo sie fürs Interview simpel in Jeans und Pulli gekleidet sitzt, tanzt die Alleinerziehende an Wochenenden in einer etwas extravaganteren Montur, denn dann tritt sie zwischen den Tischen des Restaurants als Bauchtänzerin auf.

"Der richtige Begriff ist eigentlich 'orientalischer Tanz', aber die meisten kennen es nun mal als Bauchtanz", klärt Jennifer mit einem Schmunzeln auf. Seit 17 Jahren bewegt sie ihren Körper zu den Klängen des Orients und lebt ebenfalls die Kultur, die dahinter steckt. "Es ist eigentlich ein Tanz von Frauen für Frauen und nicht etwa Provokation, wie es seit der Zeit Napoleons gesehen wird." Durch eine Freundin landete Jennifer in ihrer ersten Bauchtanz-Stunde – und war von der ersten Sekunde an verliebt. "Ich war damals Landesmeisterin im Taekwondo und machte beide Sportarten eine Zeit lang parallel. Durch den Kampfsport hatte ich aber dauernd überall blaue Flecken, so dass ich mich schließlich fürs Tanzen entschied und dafür, meine Weiblichkeit zu entdecken."

Die Welt der Schlangenfänger und Bauchtänzerinnen

Durch ihren ersten Freund – der Vater ihrer heute siebenjährigen Tochter, der 20 Jahre lang ihr Partner war – war Jennifer bereits in jungen Jahren in Kontakt mit den Kulturen des Orients gekommen – jedoch noch nicht auf die für sie "richtige Weise", wie sie verrät: "Mein Ex-Mann liebte Bollywood-Filme, aber das war Nichts für mich, denn diese spiegeln nicht das wirkliche Leben in Indien wieder." 2009 reiste Jennifer das erste Mal selbst ins Land der Farben, Gewürze und Gegensätze und kehrt seither immer wieder dorthin zurück, um ihren Horizont zu erweitern. "Ich habe in Pukshar mehrmals mit dem Nomadenstamm der Kalbelia gelebt und dort im Tempel den traditionellen Tanz von Rajasthan gelernt", so die Alleinerziehende.

Das Volk aus der Thar-Wüste gilt in Indien als kastenlos und gehört neben der Kaste der "unberührbaren" Dalits zu den untersten hinduistischen Gesellschaftsgruppen. Während Männer traditionell Musiker oder Schlangenfänger werden, verdienen die Frauen des Stammes ihr Geld mit Tanzen. "Wir haben auf dem Boden gekocht und zu sechst in einem kleinen Zelt im Camp der Kalbelia geschlafen, das war eine wunderschöne Erfahrung", so Jennifer. Auch den traditionellen Odissi-Tanz lernte sie in Indien, die Fertigkeiten zum Lehren erhielt sie allerdings in der Bauchtanz-Schule von Colleena Shakti, einer Virtuose dieser Kunstform.

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