Opgepikt - Königsberger Klopse

Par Pascal Steinwachs Article uniquement disponible en allemand

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Bis vor kurzem kam es quasi täglich, nun kommt es nur noch wöchentlich, dafür aber umso heftiger: das „Opgepikt“, jetzt im praktischen XXL-Format.

Jahreswechsel

Endlich ist es vorbei : das vermaledeite 2020. Den Sprung vom alten in das neue Jahr haben wir diesmal allerdings, den ausgangssperrischen Umständen gemäß, liegend verbracht, und zwar im Bett, so dass wir die Jahreswende erstmals nicht beduselt, sondern schlaftrunken erlebt haben. Beim morgendlichen Erwachen, nach einem ersten Griff zum Smarttelefon, dann die Überraschung : Corona ist immer noch da, genauso wie das „Journal“, wobei – die Wälder werden aufatmen – aus Papier jedoch digital wurde, was für sauberere Finger sorgt.

Begangen wurde der Jahreswechsel aber auch im „Télécran“, in dem „prominente Luxemburger Persönlichkeiten“ gefragt wurden, „welche Schlagzeile sie in 2021 gerne lesen würden“. Klaro, dass sich die Prominenz hier in erster Linie ein Ende der Corona-Apokalypse herbeiträumt – mit Ausnahme von LSAP-Innenministerin Taina Bofferding, die sich nichts sehnlicher zu wünschen scheint, als dass die „Nordstad“ endlich Realität wird ( „die Nordstad Fusion wäre zudem ganz im Sinne der Reform des Gemeindegesetzes, die ich aktiv voranbringe, um den Gemeinden einen modernen und flexiblen Rahmen für die Zukunft zu bieten (…)“, gähn) – man muss eben die richtigen Prioritäten zu setzen wissen… CSV-Fraktionschefin Martine Hansen ist da Gott sei Dank bodenständiger, hofft sie doch, „dass 2021 ein Jahr der menschlichen Nähe und sozialen Wärme werden wird“, und „Umarmen wieder erlaubt“ ist.

Ein großer Anhänger des Umarmens (aber noch mehr des Busselns und des Haare-Wuschelns) ist bekanntlich auch Jean-Claude Juncker, der dieser Tage nicht nur vom digitalen „Journal“ interviewt wurde, sondern auch vom eben erwähnten „Télécran“, dem gegenüber er unterstroch, dass er, für den Ruhestand bekanntlich ein Fremdwort ist, immer noch an zwei Tagen pro Woche in Brüssel weile und weiterhin „ein Büro im Gebäude der Kommission“ habe („Frau von der Leyen sitzt im 13. Stock, ich auf dem achten“) : „Ich sage immer, ich bin wie Ratzinger in den vatikanischen Gärten – ich bin ihr Ratzinger“. Im Gegensatz zum emeritierten Papst verbringt Juncker, der sich angeblich „in alle diese neuen Kommunikationsformen“ hat einweisen lassen, jedoch viel Zeit mit „Telefonkonferenzen“; allerdings leide er „sehr unter der Tatsache, dass ich Menschen nicht mehr begegnen kann wie früher, weil ich Menschen gerne anfasse – nicht alle, aber viele“, womit wir wieder bei Martine Hansen wären, die Juncker ja seinerzeit in die Regierung aufnahm…

Nicht ganz so dicke mit Frau Hansen ist bekanntlich CSV-Obmann Frank Engel, aber der mag sowieso am allerliebsten Fleischbällchen, wie er dieser Tage auf seiner Facebook-Seite eingestand : „Ah jo : ech wollt zënter laange Joeren eng Kéier Königsberger Klopse. Haut krut ech se !“. Prost !

Mit einer wunderschönen Nachricht ins neue Jahr startete ihrerseits unsere allerliebste Prinzessin Tessy von Luxemburg, die zwar keine Prinzessin mehr ist, sich vor lauter Glück aber wieder ziemlich prinzesslich fühlt, verriet sie doch zum Jahresanfang auf Instagram unter einem Foto mit ihrem Freund, dem Schweizer Unternehmer Frank F., dass sie „Ja zu 2021 und zu vielen weiteren Jahren“ sage („yes to 2021 and many more years together“), was die in diesen Dingen spezialisierte Digital-„Bunte“ sogleich dahingehend interpretierte, dass sie sich verlobt haben soll : „Diese Bilder sprühen vor Liebe ! Tessy strahlt mit ihrem Verlobten um die Wette und hält stolz ihren Ring in die Kamera“. Zum gemeinsamen Totalglück – und zum Ex-Schwiegermutter-Ärgern – fehlt jetzt nur noch ein Apartment in Biarritz.

Montag

Nicht ganz so glücklich wie Frau Antony de Nassau zeigte sich Anfang dieser Woche hingegen das soziokulturelle Radiodings, das sich in seiner allmorgendlichen Presserevue gar bitterlich beklagte, dass es montags nur noch drei Tageszeitungen gäbe, die auf Papier gedruckt würden, da die „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollék“ (der KPL an dieser Stelle ein herzliches Bussi Bussi zum 100. Geburtstag) an diesem Tag nicht erscheine und das „Journal“ ja nur noch digital zu konsultieren sei, was mit sich bringt, dass unser Produkt nun nicht mehr in der Presserevue des (analogen?) 100,7-Senders berücksichtigt wird. Wir können den Radiomenschen aber auch gerne zeigen, wie das mit der Digitalität funktioniert.

Dienstag

Wer nach den unendlich langen Weihnachtsferien (in denen man sich, wenn man denn wirklich auf die Regierung hörte und tatsächlich im Land blieb, nur beim Schlittenfahren oder Falschparken in Gréiwels, das zum neuen Ischgl zu werden droht, ein klein bisschen austoben konnte) schon Entzugserscheinungen und Sehnsucht nach Staatspremier Bettel und Gesundheitsministerin Lenert hatte, der sollte am Dienstag auf seine Kosten kommen, luden unsere beiden Covid-19-Haudegen, die immerhin schon zwei Wochen nicht mehr gemeinsam vor die Presse getreten waren, doch endlich wieder zu einer ihrer beliebten Briefings ein, um die xxx’te Abänderung am Virus-Gesetz zu erläutern.

Weil nun ab nächster Woche die Geschäfte wieder öffnen dürfen, der Effekt der Feiertage aber noch auf sich warten lässt, ist davon ausgehen, dass der nächste harte Shutdown nur noch eine Frage der Zeit ist – höchstwahrscheinlich aber erst nach den heiß geliebten „Solden“ (Trier ist ja leider immer noch geschlossen) und dem noch heißer geliebten Autofestival.

Mittwoch

Bei unseren saarländischen Nachbarn kommen die großherzoglichen Lockerungen indes gar nicht gut an, zeigte sich der dortige Ministerchef Tobias Hans doch überzeugt, dass die Entscheidung der Luxemburger Regierung eine „Belastung für die Großregion“ sei : „Ich halte das ehrlich gesagt für verantwortungslos, bei solch hohen Virus-Inzidenzzahlen zu lockern“, woraufhin der Fraktionsvorsitzende der Saar-Linken, Oskar Lafontaine, wiederum Hans vorwarf, „instinktlos“ zu sein, habe Luxemburg doch bestimmt „die nicht abgestimmte Grenzschließung im Frühjahr“ noch nicht vergessen. Auslandsminister Jean Asselborn versuchte die luxemburgisch-saarländischen Wogen zu glätten : „Die Lockerungen sind keine Provokation, sondern die neuen Maßnahmen wurden ganz genau abgewogen“. Natürlich…

Ganz andere Probleme hat seinerseits Luxair-Chef Gilles Feith, der sich auf Twitter freute, dass er auf Twitter ist : „Since 2009 I love @Twitter in the beginning a bit geeky and always interesting, quick news source to feel the pulse in LU and elsewhere (…)“.

Auf Twitter aktiv war am Mittwoch aber natürlich auch der sogenannte (zum-Glück-bald-nicht-mehr) US-Präsident, und zwar derart intensiv, dass Twitter den präsidialen Account sperren musste. Nicht eingehalten wurden am Mittwoch in Washington aber auch die Corona-Abstandsregeln, nachdem der eben erwähnte Unsympath mit den orangefarbenen Haaren seine Anhänger und Anhängerinnen (ja, ja, für den POTUS schwärmen eben nicht nur alte, weiße Männer) in seiner x’ten Rede über den angeblichen Wahlbetrug dazu aufgerufen hatte, zum Kapitol zu ziehen, darunter auch ein weißer Mann mit Pelzmütze und schwarzen Hörnern (nicht zu verwechseln mit dem großen Blonden mit dem schwarzen Schuh), der aussah, als sei er gerade einem „Village People“-Video entsprungen. Trump war begeistert – „We Love You, You’re Very Special“; seine Tochter und Beraterin Ivanka ebenso, bezeichnete sie die echauffierten Anhänger ihres Daddys doch in einem – später wieder gelöschten – Tweet als „Patrioten“. Hm, …

Es gab am Mittwoch jedoch eine weitere Wahnsinnsnachricht aus dem „Land of the Free“ und „Home of the Brave“, wollen Influencer-Päpstin Kim Kardashian (die mit dem…, nun ja, Sie wissen schon) und Kanye West, der Rapper mit dem Yeezus-Tick, der bis vor kurzem ja noch selbst Präsident werden wollte, sich doch angeblich scheiden lassen. Avis aux amateurs !

Und Danièle Fonck, die frühere Chefin des Editpress-Imperiums, ärgerte sich auf Twitter nicht nur über Trump und die CSV („leçon américaine au CSV local : voilà ce qui arrive quand deux élections successives, on persiste à qualifier l’autre « d’illégal ». Admettre que le respect doit être mutuel, c’est se grandir“), sondern – mit einem Verweis auf den Link „zackbum.ch“ (toller Name übrigens), und ausgerechnet an dem Tag, an dem bei unseren deutschen Nachbarn die Sternsinger*innen durch die Gegend ziehen – auch über die Gendersternchen : „Ein Sternchen vergewaltigt die Sprache“. Wie hieß doch gleich noch mal eine der erfolgreichsten Singles der deutschen Chart-Geschichte? Genau : „Ein Stern (… der deinen Namen trägt“) von DJ Ötzi…

Donnerstag

Am Tag nach den Armageddon-Nachrichten aus den USA (die über Donald/Ivanka, nicht die über Kim/Kanye) macht die internationale Politwelt natürlich ihrer Entrüstung Luft, so auch in Luxemburg, wo neben Premierchef Bettel („ech sin déif besuergt iwwer d’Biller déi eis vu Washington areechen“), Auslandsminister Asselborn („de 6. Januar 2021 ass en 9/11 op d‘Demokratie“) und Großregionsministerin Cahen („unbelievable… scary !“) diesmal auch – einmal ist keinmal – Wirtschaftsminister Fayot reagierte : „We are with you“. Uff !

Freitag

Die Abgeordneten*innen dürfen sich freuen : Endlich mal wieder eine öffentliche Sitzung, in der über das Coronavirus parliert werden kann, das zwar immer noch fies ist, aber nicht mehr so fies, dass es einer Wiedereröffnung der Geschäfte im Weg stehen würde. Spätestens in drei Wochen, wenn die Zahl der Infizierten wieder nach oben geschnellt sein dürfte, wird LSAP-Dauerberichterstatter Mars di Bartolomeo dann die Gelegenheit haben, seinen Abgeordneten*innen-Kollegen*innen in einer weiteren Präsenzsitzung im Cercle die dann wieder erneuten Einschränkungen schmackhaft zu machen.

Die traditionellen Neujahrsempfänge der politischen Parteien fallen in diesem Jahr indes leider ins Wasser, worauf die frühere Erzbistumszeitung ihre politisch interessierten Leser gestern in einem passenderweise mit „Leiser die Gläser nie klirrten“ betitelten Beitrag aufmerksam machte. Derweil „déi Lénk“ einen „hybriden Neujahrsempfang“ organisieren (einige wenige Mitglieder und -gliederinnen dürfen beim Empfang dabei sein und bekommen etwas zu Essen und zu Trinken, indessen die anderen Mitglieder und -gliederinnen die Videoansprache ihrer Sprecherin in der Digitalität verfolgen müssen), setzen die DP, die CSV, die „déi gréng“ und die adr auf Videobotschaften, wohingegen die LSAP noch nicht weiß, was sie machen soll und erst einmal warten will, „bis sich die Situation beruhigt“ hat. „Weder Durst noch Hunger“ muss man auch ohne Empfang bei den Piraten leiden, lassen diese doch ihren Mitgliedern und -gliederinnen „ein Paket mit regionalen Getränken und Biosnacks“ zukommen, aber das dürfte bei der überschaubaren Parteibasis wohl nicht so teuer werden.

Bis nächste Woche…